Pfarrer Paulinus zur Fragebogenauswertung
Zuerst möchte ich mich bei allen bedanken, die daran teil- und sich dafür Zeit genommen haben.
Insgesamt war dieser Fragebogen für mich eine große Freude und ein schöner Erfolg!
Es hat viele positive persönliche Ergänzungen gegeben, die mich wirklich gefreut – ja betroffen gemacht haben; ich konnte es gar nicht glauben, nach ca. 3 Jahren schon so viel positives Feedback zu bekommen!
Natürlich gab es auch kritische Rückmeldungen.
Ich habe mich nicht damit beschäftigt, ob die Anregungen stimmten oder nicht, sondern meine Einstellung war: Die Anregungen zeigen mir, wie ich bei den Leuten ankomme.
Manche fragten mich, ob dieser Fragebogen überhaupt nötig war.
Meine Antwort darauf ist:
Nötig war er eigentlich nicht, aber er war/ist wichtig für mich und für meine Tätigkeit in der Pfarre. Denn, wenn ich sage, dass ich alles perfekt oder richtig mache oder, dass alle in der Pfarre mit mir zufrieden sind, täusche ich mich. Wenn ich sage, dass die kritischen Stimmen, die ich mittlerweile immer wieder mitbekomme, mir ‚wurscht‘ sind, dann vernachlässige ich meine Seelsorgearbeit.
Um diese Kritik habe ich ganz am Anfang gebeten. Denn ich weiß, dass offene und ehrliche Kritik konstruktiv ist, während das Gegenteil destruktiv ist.
Aber da viele sich nicht trauen, direkt zu mir zu kommen, habe ich den Fragebogen machen lassen, denn ich weiß, dass das Feedback eine wichtige Hilfe zur Selbstverbesserung ist.
Es gibt einige Tatsachen über uns alle, und zwar:
Erstens, es gibt etwas über mich, was nur ich und kein anderer weiß;
zweitens, es gibt etwas über mich, was ich und alle, die mich kennen, wissen;
drittens, es gibt etwas über mich, was fast alle, die mich kennen wissen, aber ich selber nicht weiß;
viertens, es gibt auch etwas über mich, was weder ich weiß noch alle, die mich kennen, wissen.
Das weiß nur der liebe Gott.
So ist es mit jedem/jeder von uns.
Das Ziel eines Fragebogens ist eigentlich die dritte Tatsache.
Und dabei muss ich sagen, dass dieser Fragebogen, den wir gemacht haben, dieses Ziel erreicht hat, denn er hat mir geholfen, mich selbst und einige Aspekte der österreichischen Kultur besser kennenzulernen. Dadurch weiß ich jetzt, wie unangenehm meine Fragenstellungen manchmal bei der Predigt ankommen, oder wie es ankommt, wenn ich außerhalb des Ambos predige, oder wie sich manche fühlen, wenn sie die Hände beim Vater Unser einander reichen müssen, oder wie heikel es ist, wenn man beim Handgeben dem anderen nicht in die Augen schaut. Mittlerweile bemühe ich mich, danach zu handeln, indem ich versuche weniger aus meiner Spontanität zu agieren, denn aus den Feedbacks merke ich, dass so zu agieren für manche störend und unangenehm ist. Also, soweit wie möglich werde ich die Anregungen, die sofort umsetzbar sind, umsetzen. Einige werden noch etwas dauern und ich bitte um Geduld.
Obwohl ich nicht über alle Anregungen reden möchte, möchte ich doch etwas über die Dauer der Gottesdienste erklären. Also, warum dauern meine Gottesdienste eher länger, als ihr gewöhnt gewesen seid? Na ja, auch wenn ich die Länge bzw. die Dauer eines Gottesdienstes nicht alleine bestimmen kann (z.B. die Länge der Lieder oder die Lesungen oder die Gestaltung beim Kinder- oder Jugendgottesdienst), habe ich doch eine Hauptrolle dabei zu spielen. Aber, wie schon im Fragebogen bemerkt wurde, lese ich meine Texte eher langsamer als gebürtige Österreicher. Das trägt natürlich etwas bei zur Dauer meiner Gottesdienste. Aber anders zu lesen geht für mich aber nicht, denn ich werde Deutsch nie lesen bzw. sprechen können wie ein gebürtiger Österreicher; und je schneller ich Deutsch lese bzw. spreche, desto weniger verstehen mich die Leute. Das ist einfach eine Tatsache. Ohne Sondergestaltungen, wie z.B. in der Vorabendmesse, dauert die Messe fast immer 50 Minuten. Aus diesem Grund war die Dauer des Gottesdienstes ein Thema in meiner Predigt beim Einführungsgottesdienst und ich habe damals um Verständnis dafür gebeten. Ich bitte immer noch um dieses Verständnis.
Noch eine Anmerkung zum Verständnis des Gesprochenen.
Ich werde dies mit einer Erfahrung schildern. Einmal bei einer Jugendmesse wollten die Jugendlichen ein Rollenspiel machen, bei dem eine ältere Dame sich beschweren sollte, dass zu viel auf Englisch gesungen wird, und dass sie Pfarrer Paulinus‘ Deutsch sowieso nicht gut versteht. Zufällig kam ich in der Kirche vorbei, als die Jugendlichen das Spiel probten. Dann hörte ich die ältere Dame verweigernd sagen: „Ah... Aber Pfarrer Paulinus‘ Deutsch hat sich nun verbessert.“ Als ich das hörte, sagte ich der Dame: „Ich glaube nicht, dass mein Deutsch sich innerhalb von wenigen Monaten in Hartkirchen soweit verbessert hat, dass Sie mich jetzt besser verstehen. Vielmehr glaube ich, dass Sie sich an meinen Akzent gewöhnt haben.“ Also, wie ich schon gesagt habe, wegen meines Akzents und meiner euch nicht gewohnten Betonungen, kann ich Deutsch nie sprechen wie ein gebürtiger Österreicher. Das heißt, man braucht Zeit, um sich an meine Sprachmelodie zu gewöhnen. Und die Folge ist: Je mehr man mir zuhört, desto besser versteht man mich. Im Gegenteil, je weniger man mir zuhört, desto weniger versteht man mich. Dies ist eine Tatsache, die wir in Erwägung ziehen sollen.
Da ein paar Rückmeldungen sehr vehement dagegen sind, wie ich Hochzeiten mache, möchte ich noch was hier erklären. Eine Hochzeit, wie auch Taufen oder Begräbnisse, ist eine Sonderfeier, die ich NICHT unbedingt halten muss, wenn die Feiernden mit meinem Stil nicht zufrieden sind. Diese Stimmen haben sich beschwert, dass meine Art dabei nicht ‚besinnlich‘ ist. Also, wenn mit ‚besinnlich‘ hier mit ‚gewohntem‘ Stil gemeint ist, dann gebe ich zu, ich mache wirklich keine ‚besinnlichen‘ Sonderfeiern, denn bei mir sind diese Feiern lockererals Sonntagsgottesdienste. Und ich sage ganz deutlich, mein Stil wird auch so bleiben. Denn viele, die ihn so wollen, bestellen mich deswegen, auch von auswärts. Ich mache deshalb fast mehr als die Hälfte der Hochzeitsfeiern im Jahr in anderen Pfarren. Das heißt, wer bei solchen Sonderfeiern meinen „Stil“ nicht möchte, kann auch Priester aus anderen Pfarren ersuchen, die Feier zu halten.
Also, im Großen und Ganzen habe ich mehr positive Rückmeldungen im Fragebogen bekommen als kritische. Das ermutigt mich sehr. Ich habe mich aber mehr mit den kritischen Rückmeldungen in dieser Erläuterung beschäftigt, weil sie die Aspekte für Verbesserung sind. Immerhin weiß ich, allen Menschen Recht getan ist eine Kunst, die niemand kann! Aber, da ich viel mehr positive Rückmeldungen bekommen habe, bin ich froh und gerne bei euch. Deswegen freue ich mich auf die nächsten drei Jahre mit euch in der Pfarre.
Hakuna matata und Frohe Ostern! Shalom!
Paulinus
Auswertungsbasis
Abgegebene Fragebögen: 113
Bezogen auf einen Kirchenbesuch an „normalen Sonntagen“ (bezogen auf ca. 300 Messbesucher) entspricht dies einer Beteiligung von ca. 33 %
Aufgrund der Freiwilligkeit ein guter Prozentsatz!